Nichtsteroidale Antirheumatika
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) sind Analgetika und gehören zu den am häufigsten eingesetzten Medikamenten zur Linderung von Schmerzen und Entzündungen. Sie werden auch als nichtsteroidale Antiphlogistika oder engl. non-steroidal antiinflammatory drugs (NSAID) genannt. Typische Beispiele für NSAR sind die Wirkstoffe Ibuprofen oder Diclofenac.
Sie sind in der Behandlung vieler chronischer und akuter Zustände weit verbreitet. Insbesondere in der Rheumatologie und Orthopädie werden sie häufig angewendet. Im Gegensatz zu Steroiden bzw. Steroidhormonen wir Cortisol haben nicht steroidale Antirheumatika keine hormonähnliche Struktur, was ihren Namen erklärt.
Dieser Artikel beschreibt, was NSAR sind. Er beleuchtet ihre Wirkungsweise im Körper, die verschiedenen Anwendungsgebiete und die möglichen Nebenwirkungen.
Wirkung im Körper
NSAR wirken, indem sie ein spezifisches Enzym im Körper hemmen: die Cyclooxygenase (COX).
Es gibt zwei Haupttypen von Cyclooxygenasen: COX-1 und COX-2.
- COX-1 ist in vielen Geweben, insbesondere im Magen, in den Nieren und in den Blutgefäßen, ständig vorhanden. Es hat eine schützende Funktion, beispielsweise indem es die Schleimhaut des Magens vor Säure schützt und die Blutgerinnung reguliert.
- COX-2 wird vor allem bei Entzündungen vermehrt gebildet und ist hauptsächlich in entzündeten Geweben aktiv. Es ist verantwortlich für die Produktion von Prostaglandinen, die Schmerzen, Entzündungen und Fieber verstärken.
Die Cyclooxygenase ist entscheidend für die Synthese von sogenannten Prostaglandinen.
Prostaglandine beeinflussen die lokale Schmerzvermittlung, indem sie als Schmerzmediator fungieren:
Wird ein Gewebe am oder im Körper verletzt, zum Beispiel durch eine Verletzung oder eine Erkrankung wie Rheumatoide Arthritis, produziert der Körper unter anderem Prostaglandine. Prostaglandine zeigen dem Körper über das periphere Nervensystem auf, dass eine Verletzung vorliegt. Dies wird als Schmerz wahrgenommen. Prostaglandine signalisieren dem Körper also Schmerz, weshalb sie als Schmerzmediator bezeichnet werden.
Auch sind sie beteiligt in der Entstehung von Fieber und Entzündungsreaktionen, da sie als Mediatoren für die Wirkung von Hormonen fungieren.
NSAR hemmen COX, sodass die Produktion von Prostaglandinen reduziert wird. Durch die Reduktion von Prostaglandinen werden Schmerzen und Entzündungen gelindert.
Herkömmliche NSAR wie Ibuprofen oder Diclofenac hemmen sowohl COX-1 als auch COX-2, was zu einer Linderung der Symptome führt. Sie können jedoch mit Nebenwirkungen, insbesondere im Magen-Darm-Trakt einher gehen.
Selektive COX-2-Hemmer (z. B. Celecoxib) wurden entwickelt, um Entzündungen zu lindern, während die Nebenwirkungen auf den Magen minimiert werden sollen.
Anwendungsgebiete
Nichtsteroidale Antirheumatika werden für eine Vielzahl von Erkrankungen eingesetzt, die von Schmerzen und Entzündungen begleitet werden. Zu diesen zählen unter anderem Rheumatische Erkrankungen, akute Verletzungen und postoperative Schmerzen, Menstruationsbeschwerden, Kopfschmerzen und Migräne sowie Fieber.
Entzündlich rheumatische Erkrankungen
NSAR werden häufig bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis und Spondylitis ankylosans eingesetzt. Sie lindern die Schmerzen, die durch Gelenkentzündungen verursacht werden, und tragen dazu bei, die Entzündung selbst zu reduzieren.
Arthrose
Diese degenerative Gelenkerkrankung, die durch den Abbau von Knorpelgewebe in den Gelenken gekennzeichnet ist, wird oft mit NSAR behandelt. Sie lindern die Schmerzen und verbessern die Mobilität der Patienten.
Akute Verletzungen & postoperative Schmerzen
Bei Verstauchungen, Prellungen oder Muskelzerrungen kommen NSAR häufig zum Einsatz, um die durch die Verletzung verursachte Entzündung und Schwellung zu verringern.
Auch zur Schmerzlinderung nach Operationen werden NSAR eingesetzt, um beispielsweise opioide Schmerzmittel zu ersetzen.
Menstruationsbeschwerden
NSAR wie Ibuprofen werden häufig zur Linderung von Menstruationsschmerzen eingesetzt, da sie die Prostaglandinproduktion in der Gebärmutterschleimhaut hemmen.
Kopfschmerzen und Migräne
NSAR können bei Spannungskopfschmerzen und Migräne eingesetzt werden, da sie die mit diesen Zuständen verbundenen Entzündungen und Schmerzen reduzieren.
Fieber
NSAR wirken fiebersenkend, indem sie die Prostaglandine im Gehirn, die für die Erhöhung der Körpertemperatur verantwortlich sind, hemmen.
Mögliche Nebenwirkungen
Trotz ihrer weit verbreiteten Anwendung sind NSAR nicht frei von Nebenwirkungen. Insbesondere bei Langzeitanwendung oder in höheren Dosen können vermehrt Nebenwirkungen auftreten. Deshalb sollte eine längere Anwendung immer mit einer:m Ärzt:in besprochen werden. Treten Nebenwirkungen auf, sollten diese ebenfalls schnellstmöglich ärztlich abgeklärt werden.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen von nichtsteroidalen Antirheumatika gehören:
- Magen-Darm-Probleme:
Da NSAR die Produktion von Prostaglandinen hemmen, die eine schützende Funktion in der Magenschleimhaut haben, können sie Magenprobleme verursachen. Dies reicht von leichten Magenbeschwerden bis hin zu ernsteren Komplikationen wie Magengeschwüren, Magenblutungen und Perforationen. Ein höheres Risiko besteht bei älteren Menschen, Menschen mit einer Vorgeschichte von Magengeschwüren und bei Langzeitanwendern.
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen:
Insbesondere selektive COX-2-Hemmer wurden mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle in Verbindung gebracht. Auch nicht-selektive NSAR können das Herzinfarktrisiko erhöhen, insbesondere bei langfristiger Anwendung. Das Risiko ist erhöht bei Patienten mit bereits bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
- Nierenschäden:
NSAR können die Nierenfunktion beeinträchtigen. Dies gilt insbesondere, wenn die Nierenfunktion bereits eingeschränkt ist oder als Wechselwirkung mit Medikamenten, die die Nieren belasten, insbesondere bei Menschen mit bereits eingeschränkter Nierenfunktion oder bei Patienten, die andere Medikamente einnehmen, die die Nieren belasten. Dies kann zu Niereninsuffizienz oder sogar akutem Nierenversagen führen.
- Allergische Reaktionen:
Einige Menschen reagieren allergisch auf NSAR. Dies kann zu Reaktionen wie Hautausschlägen, Schwellungen, Atemnot und einem anaphylaktischen Schock führen. Reagieren Asthmatiker allergisch auf NSAR, können auch Asthmaanfälle auftreten.
- Erhöhtes Blutungsrisiko:
NSAR hemmt COX-1. COX-1 ist unter anderem verantwortlich für die Produktion von Thromboxanen, die eine Rolle in der Blutgerinnung spielen. Ist die Blutgerinnung gehemmt, ist das Blutungsrisiko erhöht. Dies ist besonders wichtig bei Patienten, die blutverdünnende Medikamente einnehmen oder bei denen chirurgische Eingriffe anstehen.
- Leberprobleme:
In seltenen Fällen können NSAR die Leberfunktion beeinträchtigen und zu Leberentzündungen oder Leberversagen führen. Patienten mit bestehenden Lebererkrankungen sollten NSAR daher nur nach ärztlicher Rücksprache einnehmen.
Vorsichtsmaßnahmen und Alternativen
Aufgrund der potenziellen Nebenwirkungen ist es wichtig, NSAR nur bei Bedarf und mit Vorsicht zu verwenden. Patienten sollten die niedrigste wirksame Dosis über den kürzestmöglichen Zeitraum einnehmen.
Besonders ältere Menschen und Patienten mit Vorerkrankungen des Magen-Darm-Trakts, des Herz-Kreislauf-Systems oder der Nieren sollten die Einnahme von NSAR eng mit ihrer:m Ärzt:in absprechen.
Für Patienten, die NSAR nicht vertragen oder bei denen das Risiko von Nebenwirkungen zu hoch ist, gibt es alternative Behandlungsoptionen. Dies umfasst sowohl andere Analgetika sowie physikalische Therapie, lokale Anwendungen (z. B. Schmerzsalben).
Nichtsteroidale Antirheumatika, kurz NSAR, sind Analgetika, die zur Linderung von Schmerzen, Entzündungen und Fieber eingesetzt werden. Ihr breites Anwendungsspektrum macht sie zu einem wichtigen und weit verbreiteten Bestandteil der modernen Medizin. Aufgrund der potenziellen Nebenwirkungen ist es jedoch entscheidend, NSAR verantwortungsvoll und unter ärztlicher Aufsicht zu verwenden. Eine individuelle Risiko-Nutzen-Abwägung ist unerlässlich, um die bestmögliche Therapie für jeden Patienten zu gewährleisten.
[1] Rang, H. P., Ritter, J. M., Flower, R. J., & Henderson, G. (2019). Rang & Dale’s pharmacology (9th ed.). Elsevier. DOI: 10.1016/C2015-0-02283-0
[2] Brunton, L. L., Hilal-Dandan, R., & Knollmann, B. C. (2017). Goodman & Gilman’s: The pharmacological basis of therapeutics (13th ed.). McGraw-Hill Education.
[3] Katzung, B. G. (2017). Basic and clinical pharmacology (14th ed.). McGraw-Hill Education.
[4] Whalen, K., Finkel, R., & Panavelil, T. A. (2018). Lippincott illustrated reviews: Pharmacology (7th ed.). Wolters Kluwer.
[5] Golan, D. E., Tashjian, A. H., Armstrong, E. J., & Armstrong, A. W. (2017). Principles of pharmacology: The pathophysiologic basis of drug therapy (4th ed.). Wolters Kluwer.
[6] Crofford, L. J. (2013). Use of NSAIDs in treating patients with arthritis. Arthritis Research & Therapy, 15(Suppl 3), S2. DOI: 10.1186/ar4174
[7] Grosser, T., Ricciotti, E., & FitzGerald, G. A. (2017). The cardiovascular pharmacology of nonsteroidal anti-inflammatory drugs. Trends in Pharmacological Sciences, 38(8), 733-748. DOI: 10.1016/j.tips.2017.05.005
[8] Vane, J. R., & Botting, R. M. (1998). Mechanism of action of nonsteroidal anti-inflammatory drugs. The American Journal of Medicine, 104(3), 2S-8S. DOI: 10.1016/S0002-9343(98)00091-1
[9] Warner, T. D., & Mitchell, J. A. (2004). COX-2 selectivity and the cardiovascular risks of NSAIDs. Current Opinion in Pharmacology, 4(4), 336-341. DOI: 10.1016/j.coph.2004.03.010
[10] Amadio, P., Cottone, S., & Spinetti, G. (2017). Prostaglandins and inflammation in atherosclerosis. Mediators of Inflammation, 2017, Article ID 5842801. DOI: 10.1155/2017/5842801