Gesundheit und Krankheit werden von vielen Faktoren beeinflusst. Das biopsychosoziale Modell ist ein ganzheitlicher Ansatz zum Verständnis von Gesundheit und Krankheit. Es betrachtet die komplexen Wechselwirkungen zwischen biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren.
Das biopsychosoziale Modell ist auf verschiedene gesundheitliche Fragestellungen anwendbar. Dazu zählen chronische Schmerzen, psychische Störungen und andere komplexe medizinische Probleme.
Das biopsychosoziale Modell wurde erstmals 1977 von George Engel konzipiert. Es gilt als interdisziplinäre Alternative zum traditionellen 'biomedizinischen Modell', das sich hauptsächlich auf isolierte biologische Faktoren konzentrierte.
Dieser Artikel stellt die Einflussfaktoren auf die Gesundheit im Sinne des bio-psycho-sozialen Modells vor. Vorteile und Herausforderungen für die Praxis werden erläutert.
Biologische Faktoren im Bio-psycho-sozialen Modell
Im biopsychosozialen Modell beziehen sich die biologischen Faktoren auf die körperliche Ebene. Dazu zählen das Alter, Geschlecht, Veranlagung, körperliche Prozesse, der Ernährungsstatus sowie Erkrankungen und Verletzungen.
Alter & Geschlecht
Die Anfälligkeit für Krankheiten sowie die Wahrscheinlichkeit an bestimmten Erkrankungen zu erkranken, wird durch das Geschlecht und das Alter beeinflusst. So treten zum Beispiel degenerative rheumatische Erkrankungen eher in zunehmendem Alter auf. Von MS sind statistisch drei mal mehr Frauen betroffen als Männer.
Genetische Prädispositionen
Genetische Prädispositionen umschreiben die Veranlagungen des Menschen. Sie beeinflussen verschiedenste Prozesse im menschlichen Körper und können die Wahrscheinlichkeit für bestimmte Erkrankungen beeinflussen. So gelten manche Erkrankungen als Erbkrankheiten, andere können indirekt vererbt werden. Im letzteren Fall kann eine Prädisposition vererbt werden, die einen Risikofaktor für die Erkrankung bildet, aber nicht zwingend einen Ausbruch der Erkrankung vorhersagt.
Körperliche Prozesse
Körperliche Prozesse beschreiben alle Prozesse, die im Körper ablaufen. Dazu zählen unter anderem Stoffwechselvorgänge, Hormonprozesse oder die Funktion des Immunsystems. Körperliche Prozesse werden auch physiologische Prozesse genannt. Laufen diese Prozesse fehlerhaft ab, können diese Erkrankungen auslösen oder beeinflussen.
Krankheitserreger
Krankheitserreger sind biologische Faktoren, die im menschlichen Organismus Infektionen hervorrufen können. So kann das Sars-CoV-2 Virus eine Corona-Infektion auslösen, die Long Covid nach sich ziehen kann. Auch können Bakterien Infektionen verursachen oder Schadstoffe Krankheiten bedingen.
Verletzungen
Unfälle oder andere Ereignisse, die zu körperlichen Verletzungen führen, fallen ebenfalls in diese Kategorie.
Ernährungszustand
Über die Ernährung wird der Körper mit Energie, Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen versorgt. Die Versorgung des Körpers mit Nährstoffen ist essenziell für die Gesundheit.
Muskulatur
Bewegung und Sport gelten grundsätzlich als gesundheitsfördernd {§LINK§}. Eine gut trainierte Muskulatur wird als schützender Faktor auf der biologischen Ebene betrachtet, da sie u.a. Überlastungen verhindern kann.
Biologische Faktoren beeinflussen Gesundheit und Krankheit sowie auftretende Symptome. Dabei werden biologische Faktoren jedoch nicht einzeln betrachtet, sondern in ständiger Wechselwirkung mit psychologischen und sozialen Faktoren.
Das biopsychosoziale Modell betont, dass Gesundheit und Krankheit das Ergebnis komplexer Interaktionen zwischen all diesen Faktoren sind.
Psychologische Faktoren im Biopsychosozialen Modell
Im biopsychosozialen Modell beziehen sich die psychologischen Faktoren auf die kognitive, mentale und emotionale Ebene eines Menschen.
Dabei werden nicht nur die Grundeinstellungen gegenüber Gesundheit, Krankheit und Behandlungen berücksichtigt. Psychologische Faktoren umfassen auch Persönlichkeitsmerkmale, die das Denken und Handeln beeinflussen, sowie das Fühlen, Selbstachtsamkeit und Selbstwirksamkeit.
Denken
Kognitive Prozesse, Überzeugungen und Gedankenmuster spielen eine wichtige Rolle. Beispielsweise kann eine positive Grund- bzw. Lebenseinstellung sich positiv auf Gesundheit und Krankheit auswirken.
Fühlen
Emotionen und Gefühlszustände können ebenfalls die Gesundheit beeinflussen. Dies gilt für positive Emotionen wie Freude oder Glück sowie negative Emotionen wie Angst oder Trauer.
Handeln
Verhaltensweisen und Reaktionen auf verschiedene Situationen können ebenfalls die Gesundheit beeinflussen. Beispielsweise können eine gesunde und ausgewogene Ernährung die Gesundheit unterstützen. Bewältigungsstrategien und -mechanismen können dabei unterstützen, mit emotionalen und gesundheitlichen Herausforderungen umzugehen.
Stressbewältigung
Die Art und Weise, wie eine Person mit Stress umgeht, kann erheblichen Einfluss auf ihre Gesundheit haben. Effektive Stressbewältigungsstrategien können helfen, negative gesundheitliche Auswirkungen zu minimieren.
Motivation und Ziele
Die Motivation, gesund zu bleiben und persönliche Gesundheitsziele zu erreichen, kann einen großen Einfluss auf das Verhalten und die Gesundheit einer Person haben. Klare Ziele und intrinsische Motivation fördern oft gesündere Lebensgewohnheiten.
Lernerfahrungen und Konditionierung
Frühere Lernerfahrungen und Konditionierung beeinflussen, wie Menschen auf bestimmte Reize und Situationen reagieren. Negative Lernerfahrungen können beispielsweise zu Angststörungen führen, während positive Erfahrungen das Selbstbewusstsein stärken können.
Selbstachtsamkeit
Selbstachtsamkeit, auch als Selbstfürsorge oder Selbstwahrnehmung bezeichnet, ist die Fähigkeit, aufmerksam und bewusst auf die eigenen Bedürfnisse, Gefühle und Grenzen zu achten und aktiv dafür zu sorgen, dass diese Bedürfnisse erfüllt werden.
Selbstwirksamkeit
Selbstwirksamkeit beschreibt das Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten, spezifische Aufgaben oder Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen. Selbstwirksamkeit beeinflusst, wie Menschen denken, fühlen, sich motivieren und handeln.
Psychologischen Faktoren stehen in ständiger Wechselwirkung mit den biologischen und sozialen Faktoren. Sie beeinflussen, wie eine Person Gesundheit und Krankheit wahrnimmt, damit umgeht und welche Auswirkungen dies auf ihr Wohlbefinden hat. Das biopsychosoziale Modell betont, dass psychologische Faktoren einen wesentlichen Einfluss auf den Gesundheitszustand und den Krankheitsverlauf haben können.
Soziale Faktoren im Biopsychosozialen Modell
Im biopsychosozialen Modell beziehen sich die sozialen Faktoren auf das Umfeld und die Lebensbedingungen eines Menschen.
Zu diesen zählen das private und berufliche Umfeld, aber auch kulturelle und soziale Faktoren.
Privates & berufliches Umfeld
Die Qualität der Beziehungen innerhalb der Familie und die familiäre Unterstützung spielen eine wichtige Rolle. Auch ein zuverlässiges soziales Netzwerk kann als schützender Faktor wirken. Denn Freunde und Familie bilden nicht nur ein soziales Netz während Gesundheit. Im Falle von Sorgen, Problemen oder Krankheit können sie auch alltägliche Unterstützung leisten und mental aufbauen.
Auch das Arbeitsumfeld hat Einfluss auf die Gesundheit. So bilden unter anderem die Arbeitsumgebung, Zufriedenheit bei der Arbeit, kollegiale Beziehungen und die berufliche Belastung Einflussfaktoren. Beispielsweise anhaltende Überforderung oder chronischer Stress können sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Auch Schichtbetrieb kann die Gesundheit beeinflussen, da der Schlafrhythmus unregelmäßig ist.
Kulturelle und soziale Faktoren
Gesellschaftliche Erwartungen sowie kulturelle Praktiken und Gewohnheiten können das Gesundheitsverhalten beeinflussen. Dazu zählen Ernährungsweisen, körperliche Aktivität und der Konsum unterschiedlicher Substanzen, wie z.B. regelmäßiger Alkoholkonsum.
Auch beeinflusst die Gesundheitskompetenz und der Zugang zu medizinischer Grundversorgung die Gesundheit. Gesundheitskompetenz beschreibt das Wissen zu gesundheitsbezogenen Themen. Der Zugang zur Gesundheitsversorgung beschreibt die Möglichkeit, medizinische und präventive Leistungen in Anspruch zu nehmen.
Diese sozialen Faktoren stehen in ständiger Wechselwirkung mit den biologischen und psychologischen Faktoren. Das biopsychosoziale Modell betont, dass die Gesundheit eines Menschen nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern das Ergebnis komplexer Interaktionen zwischen allen drei Ebenen ist.
Gesundheit und Krankheit ganzheitlich verstehen - Vorteile des biopsychosozialen Modells
Das biopsychosoziale Modell ist ein interdisziplinärer Ansatz, der biologische, psychologische und soziale Einflussfaktoren auf Gesundheit und Krankheit berücksichtigt. Es betrachtet Gesundheit und Krankheit als Ergebnis komplexer Wechselwirkungen zwischen diesen Faktoren, anstatt isolierter biologischer Phänomene.
Auf dem Weg verbildlicht das Modell die individuellen, komplexen Einflüsse auf die Gesundheit, aber auch auf Krankheit.
In der Konsequenz fördert das bio-psycho-soziale Modell die aktive Beteiligung der Patienten an ihrer eigenen Gesundheitsversorgung und Entscheidungsprozessen.
Auch setzt das Modell die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Gesundheitsfachkräften voraus, um alle Aspekte der Gesundheit eines Patienten zu berücksichtigen.
Das biopsychosoziale Modell hat in der Praxis breite Akzeptanz gefunden. Es gilt als umfassender Ansatz zur Gesundheitsversorgung, der Patienten, Ärzte und Therapeuten gleichermaßen mit einbezieht. Dabei steht der Patient mit seiner körperlichen und mentalen Gesundheit sowie dem sozialen und kulturellen Umfeld im Mittelpunkt.
Die ganzheitliche Sicht auf die Gesundheit ist sehr komplex und stellt besonders Behandelnde vor Herausforderungen. Die Sicht der Behandelnden kann sich stark von der der Patienten unterscheiden, was die Kommunikation und das Verständnis von Symptomen erschwert.
Hier können jedoch Patienten selbst ansetzen und auftretende Symptome und Einflussfaktoren selbst dokumentieren. Dazu können Symptomtagebücher oder Apps wie die Fimo Health App genutzt werden.
Trotz dieser Herausforderungen beeinflusst das biopsychosoziale Modell weiterhin die medizinische Ausbildung, die klinische Praxis und die Forschung und bietet einen ganzheitlicheren und patientenorientierten Ansatz zur Gesundheitsversorgung.
Das biopsychosoziale Modell ist ein ganzheitlicher Ansatz zur Erklärung von Gesundheit und Krankheit. Es berücksichtigt biologische, psychologische und soziale Faktoren. Vorgeschlagen wurde das Modell 1977 von George Engel als Alternative zum traditionellen biomedizinischen Modell, das nur biologische Faktoren berücksichtigt.
Biologische Faktoren umfassen genetische Prädispositionen, körperliche Prozesse und den Ernährungszustand. Psychologische Faktoren betreffen kognitive Prozesse, Emotionen, Verhaltensweisen und die Selbstwirksamkeit. Soziale Faktoren beinhalten das soziale Umfeld, Arbeitsbedingungen und kulturelle Einflüsse. Das biopsychosoziale Modell betont die Wechselwirkungen dieser Ebenen und fördert eine interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Gesundheitsversorgung.