Personen mit einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung suchen auch in schwierigen Zeiten und bei Misserfolgen aktiv nach Lösungen. Sie können ihr Verhalten schneller anpassen, kümmern sich gut um sich selbst, haben eine gute Kontrolle über ihre Gefühle und neigen seltener zu Depressionen.
Menschen, die von ihrer Selbstwirksamkeit überzeugt sind, übernehmen Verantwortung für sich und ihr Handeln. Sie unterscheiden, wo sie Einfluss nehmen können und wo nicht, und behalten damit die Kontrolle. Studien zeigen, dass Selbstwirksamkeit auch bei chronischen Krankheiten und kritischen Lebensereignissen einen unterstützenden und stabilisierenden Effekt hat.
Das Ausmaß der Selbstwirksamkeit kann somit weitreichende Auswirkungen auf das eigene Verhalten und die (psychische) Gesundheit haben.
Eigene Erfolgserlebnisse
Eigene, erfolgreich bewältigte Herausforderungen sind das stärkste Mittel, um den Glauben an die eigenen Fähigkeiten aufzubauen. Wichtig ist, dass der Erfolg mit den eigenen Anstrengungen und Fähigkeiten in Verbindung gebracht wird.
Wird ein persönliches Ziel, z.B. 5km zu joggen, erreicht, kann dies die Selbstwirksamkeitserwartung erhöhen. Ein zufälliger Lottogewinn hingegen hat keinen Einfluss, da er nicht aktiv erwirkt wurde.
Misserfolge können sich negativ auf die Selbstwirksamkeit auswirken, wenn sie widerholt eintreten und der Glaube an die eigenen Fähigkeiten sinkt. Eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung macht jedoch resilienter gegenüber Misserfolgen. Misserfolge beeinflussen den Glauben an die eigenen Fähigkeiten dann weniger stark.
Da Erfolgserlebnisse die Selbstwirksamkeitserwartung steigern können, sollten Ziele bewusst gesetzt werden. Auch sollten konkrete Ziele realistisch und attraktiv formuliert werden, um die Erfolgschancen zu erhöhen. Eine Methode, solche Ziele zu formulieren, bietet die SMART-Methode (§LINK§).
Fragen, mit denen die Selbstwirksamkeit beeinflusst werden kann, sind:
- Welche Herausforderungen habe ich bereits gemeistert?
- Worauf bin ich stolz?
Stellvertretende Erfahrungen
Stellvertretende Erfahrungen beschreiben Beobachtungen von Personen mit ähnlichen Fähigkeiten. Wird eine solche Person bei einem Erfolgserlebnis beobachtet, kann dies den Glauben an die eigenen Fähigkeiten und die Selbstwirksamkeit steigern.
Je größer die Ähnlichkeit zur beobachteten Person ist, desto stärker fällt die Beeinflussung aus. Auch die Sympathie zu der beobachteten Person spielt eine Rolle. Je sympathischer sie ist, desto größer der Einfluss.
Ist das Ziel, 5km ohne Pause joggen zu können, wird der Glaube an die eigenen Fähigkeiten wenig beeinflusst durch den Erfolg eines Profisportlers. Schafft eine bekannte Person der gleichen Laufgruppe diese Distanz, ist der Effekt auf die Selbstwirksamkeit größer.
Ist das Ziel, besser mit einer Erkrankung umgehen zu können, können z.B. Unterstützungsgruppen oder Erfahrungsberichten anderer Betroffener hilfreiche Beobachtungen darstellen. Sie können dabei lernen, dass sie nicht alleine sind und dass es Möglichkeiten gibt, mit den Herausforderungen umzugehen.
Fragen, die zur Förderung der eigenen Selbstwirksamkeit durch Beobachtung gestellt werden können, sind beispielsweise:
- Gibt eine Person, die mit ähnlichen Herausforderungen umgehen musste?
- Wie hat sie diese Herausforderung gemeistert?
Verbale Ermutigung bzw. verbale Verstärkung
Wird Menschen gut zugeredet, strengen sie sich oft mehr an. Denn Sätze wie „Du kannst das“ oder “Ich glaube an dich” ermutigen und lassen den Glauben an die eigenen Fähigkeiten wachsen.
Dabei wird die größte Wirkung erzielt, wenn der:die Unterstützende als besonders glaub- und vertrauenswürdig wahrgenommen wird. Zugleich ist es wichtig, nicht unrealistisch zu fördern. Denn dies kann bei wiederholtem Misserfolg eher demotivieren.
Verbale Verstärkung ist besonders in Kombination mit eigenen Erfolgserfahrungen wirksam.
Feuert zum Beispiel eine Person der gleichen Laufgruppe während der letzten Meter an, kann sich dies positiv auf den Glauben an die Zielerreichung auswirken.
Ebenso kann sich eine positive Rückmeldung von Familienmitgliedern oder den Behandelnden zum Umgang mit einer Erkrankung positiv auf die Selbstwirksamkeit im Krankheitsumgang auswirken.
Fragen, die zur Förderung der eigenen Selbstwirksamkeit durch verbale Ermutigung gestellt werden können, sind beispielsweise:
Emotionale Erregung
Die eigene emotionale Verfassung beeinflusst das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Stress und Angst können sich negativ auswirken, während ein Gefühl der Ruhe und des Wohlbefindens das Vertrauen in die eigene Kompetenz stärken kann.
Auch körperliche Veränderungen im Rahmen von chronischen Erkrankungen können als Schwäche interpretiert werden, wenn sie als einschränkend wahrgenommen werden. Gedanken wie “Mit meinen Symptomen schaffe ich eh wieder nichts” können auftreten und zu Selbstzweifeln und einem Gefühl von niedrigerer Selbstwirksamkeit führen.
Wird beispielsweise ein erhöhter Herzschlag bei Anspannung als Vorbereitung des Körpers auf eine Herausforderung erkannt (statt als Nervosität oder Unsicherheit), kann dies das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten stärken. Auch Symptome einer Erkrankung können, wenn sie als Schutzsignal verstanden werden, das Gefühl der Selbstwirksamkeit erhöhen. Ein schmerzendes Gelenk etwa kann darauf hinweisen, den Fuß zu entlasten, während Müdigkeit den Körper vor Überanstrengung schützen kann.
Ziel dieser Selbstreflexion ist es nicht, körperliche Reaktionen oder Symptome zu verharmlosen oder zu verschönen. Vielmehr ist das Ziel, einen gesunden Umgang mit ihnen zu finden und einer Verschlechterung durch emotionalen Stress vorzubeugen. Denn körperliche und psychologische Faktoren stehen in engen Wechselbeziehungen zueinander.
Fragen, die zur Förderung der eigenen Selbstwirksamkeit durch Selbstreflexion gestellt werden können, sind beispielsweise:
- Gibt es destruktive Gedanken bezüglich der Erkrankung?
- Wie können diese wohlwollender interpretiert werden?
Selbstwirksamkeit ist der Glaube an die eigene Fähigkeit, Herausforderungen zu meistern und Ziele zu erreichen. Menschen mit hoher Selbstwirksamkeit bleiben auch in schwierigen Situationen motiviert und suchen aktiv nach Lösungen. Sie übernehmen Verantwortung für ihr Handeln und können zwischen kontrollierbaren und nicht kontrollierbaren Aspekten unterscheiden.
Die vier Einflussfaktoren – eigene Erfolge, Beobachtungen, verbale Ermutigung und Selbstreflexion – bieten verschiedene Ansätze, um Selbstwirksamkeit gezielt zu steigern. Indem man diese Faktoren nutzt, lässt sich das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten stärken und langfristig die psychische Widerstandskraft erhöhen. Selbstwirksamkeit ist somit ein dynamisches Konzept, das durch kontinuierliches Üben und positive Erfahrungen wachsen kann.