Selbstwirksamkeit: Der Glaube an die eigenen Fähigkeiten

Veröffentlicht am
6.12.2023
Zuletzt bearbeitet am
28.5.2025
Lesedauer:
10 Minuten

Selbstwirksamkeit beschreibt den Glauben an die eigenen Fähigkeiten, Herausforderungen aktiv zu meistern. Selbstwirksame Personen sind davon überzeugt, Ziele erreichen zu können. Sie glauben an die eigenen Fähigkeiten. Selbstwirksamkeit, auch als Selbstwirksamkeitserwartung bezeichnet, wirkt sich auf Resilienz und die Lebensqualität aus - auch mit Bezug auf den Umgang mit chronischen Erkrankungen.

Selbstwirksame Personen neigen dazu, eher Herausforderungen anzunehmen, bei Schwierigkeiten durchzuhalten und sich von Rückschlägen weniger entmutigen zu lassen. Im Gegensatz dazu zweifeln Menschen mit niedriger Selbstwirksamkeit häufiger an sich selbst, geben schneller auf und meiden Herausforderungen.

Was Selbstwirksamkeit ist und wie sie gestärkt werden kann, beschreibt dieser Artikel.

Was ist Selbstwirksamkeit?

Selbstwirksamkeit bezeichnet den Glauben an die eigene Fähigkeit, bestimmte Situationen oder Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen.

Menschen mit hoher Selbstwirksamkeitserwartung sind überzeugt, durch ihre eigenen Fähigkeiten und Anstrengungen Einfluss auf das eigene Leben und auf bestimmte Ziele ausüben zu können.

So könnten die Gedanken einer selbstwirksamen Person lauten:

“Auch wenn es schwierig ist, bin ich in der Lage, Lösungen zu finden und mich Herausforderungen erfolgreich zu stellen.”

“Ich glaube daran, dass ich in der Lage bin, mir Ziele zu setzen und sie Schritt für Schritt zu erreichen.”

“Selbst wenn etwas nicht beim ersten Mal klappt, kann ich lernen und meine Fähigkeiten verbessern, um erfolgreich zu sein.”

Selbstwirksamkeit ist keine Fähigkeit oder Charaktereigenschaft. Vielmehr ist sie eine Überzeugung oder Erwartung, die über die eigenen Fähigkeiten bestehen. Als solche ist sie nicht statisch. Vielmehr kann Selbstwirksamkeit beeinflusst bzw. entwickelt werden. Nach dem Psychologen Albert Bandura wird die Selbstwirksamkeitserwartung vor allem durch vier Elemente beeinflusst:

  • Eigene Erfolgserlebnisse
    Eigene positive Erfahrungen und erfolgreich gemeisterte Herausforderungen stärken die Selbstwirksamkeit.
  • Stellvertretende Erfahrungen
    Das Beobachten von Personen, die ähnliche Aufgaben erfolgreich bewältigen, kann die eigene Selbstwirksamkeit steigern.
  • Verbale Ermutigung
    Ermutigungen und Zuspruch von anderen können das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten stärken.
  • Selbstreflexion bzw. emotionale Erregung
    Emotionen und der körperliche Zustand beeinflussen die Selbstwirksamkeitserwartung. Ein positiver emotionaler Zustand fördert das Gefühl der Selbstwirksamkeit.

Selbstwirksamkeit lässt sich also als psychologische Einstellung bezeichnen die sich auf das Vertrauen in die eigenen Kompetenzen bezieht, bestimmte Aufgaben und Herausforderungen erfolgreich zu meistern.

Warum ist Selbstwirksamkeit wichtig?

Selbstwirksamkeit beeinflusst das Verhalten, die Motivation und das Wohlbefinden. Sie ist einer der bedeutendsten Resilienz-Faktoren. Als solche steigert die Selbstwirksamkeitserwartung die Widerstandsfähigkeit, wenn herausfordernde Situationen zu bewältigen sind.

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Personen mit einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung suchen auch in schwierigen Zeiten und bei Misserfolgen aktiv nach Lösungen. Sie können ihr Verhalten schneller anpassen, kümmern sich gut um sich selbst, haben eine gute Kontrolle über ihre Gefühle und neigen seltener zu Depressionen.

Menschen, die von ihrer Selbstwirksamkeit überzeugt sind, übernehmen Verantwortung für sich und ihr Handeln. Sie unterscheiden, wo sie Einfluss nehmen können und wo nicht, und behalten damit die Kontrolle. Studien zeigen, dass Selbstwirksamkeit auch bei chronischen Krankheiten und kritischen Lebensereignissen einen unterstützenden und stabilisierenden Effekt hat.

Das Ausmaß der Selbstwirksamkeit kann somit weitreichende Auswirkungen auf das eigene Verhalten und die (psychische) Gesundheit haben.

Selbstwirksam werden und Selbstwirksamkeit erhöhen

Selbstwirksamkeit wird durch die vier Quellen der Selbstwirksamkeit beeinflusst. Diese umfassen die eigenen Erfahrungen, Beobachtungen anderer, verbale Verstärkung anderer und die Interpretation von körperlichen und emotionalen Empfindungen.

Nach Bandura haben die eigenen Erfahrungen häufig den größten Einfluss auf die Selbstwirksamkeitserwartung.

Als solche stellen diese Quellen vier Mechanismen dar, um die Selbstwirksamkeitserwartung zu stärken:

Die vier Säulen der Selbstwirksamkeit: Eigene Erfolgserlebnisse, stellvertretende Erfahrungen, verbale Ermutigung, emotionale Zustände

Eigene Erfolgserlebnisse

Eigene, erfolgreich bewältigte Herausforderungen sind das stärkste Mittel, um den Glauben an die eigenen Fähigkeiten aufzubauen. Wichtig ist, dass der Erfolg mit den eigenen Anstrengungen und Fähigkeiten in Verbindung gebracht wird.

Wird ein persönliches Ziel, z.B. 5km zu joggen, erreicht, kann dies die Selbstwirksamkeitserwartung erhöhen. Ein zufälliger Lottogewinn hingegen hat keinen Einfluss, da er nicht aktiv erwirkt wurde.

Misserfolge können sich negativ auf die Selbstwirksamkeit auswirken, wenn sie widerholt eintreten und der Glaube an die eigenen Fähigkeiten sinkt. Eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung macht jedoch resilienter gegenüber Misserfolgen. Misserfolge beeinflussen den Glauben an die eigenen Fähigkeiten dann weniger stark.

Da Erfolgserlebnisse die Selbstwirksamkeitserwartung steigern können, sollten Ziele bewusst gesetzt werden. Auch sollten konkrete Ziele realistisch und attraktiv formuliert werden, um die Erfolgschancen zu erhöhen. Eine Methode, solche Ziele zu formulieren, bietet die SMART-Methode (§LINK§).

Fragen, mit denen die Selbstwirksamkeit beeinflusst werden kann, sind:

  • Welche Herausforderungen habe ich bereits gemeistert?
  • Worauf bin ich stolz?

Stellvertretende Erfahrungen

Stellvertretende Erfahrungen beschreiben Beobachtungen von Personen mit ähnlichen Fähigkeiten. Wird eine solche Person bei einem Erfolgserlebnis beobachtet, kann dies den Glauben an die eigenen Fähigkeiten und die Selbstwirksamkeit steigern.

Je größer die Ähnlichkeit zur beobachteten Person ist, desto stärker fällt die Beeinflussung aus. Auch die Sympathie zu der beobachteten Person spielt eine Rolle. Je sympathischer sie ist, desto größer der Einfluss.

Ist das Ziel, 5km ohne Pause joggen zu können, wird der Glaube an die eigenen Fähigkeiten wenig beeinflusst durch den Erfolg eines Profisportlers. Schafft eine bekannte Person der gleichen Laufgruppe diese Distanz, ist der Effekt auf die Selbstwirksamkeit größer.

Ist das Ziel, besser mit einer Erkrankung umgehen zu können, können z.B. Unterstützungsgruppen oder Erfahrungsberichten anderer Betroffener hilfreiche Beobachtungen darstellen. Sie können dabei lernen, dass sie nicht alleine sind und dass es Möglichkeiten gibt, mit den Herausforderungen umzugehen.

Fragen, die zur Förderung der eigenen Selbstwirksamkeit durch Beobachtung gestellt werden können, sind beispielsweise:

  • Gibt eine Person, die mit ähnlichen Herausforderungen umgehen musste?
  • Wie hat sie diese Herausforderung gemeistert?

Verbale Ermutigung bzw. verbale Verstärkung

Wird Menschen gut zugeredet, strengen sie sich oft mehr an. Denn Sätze wie „Du kannst das“ oder “Ich glaube an dich” ermutigen und lassen den Glauben an die eigenen Fähigkeiten wachsen.

Dabei wird die größte Wirkung erzielt, wenn der:die Unterstützende als besonders glaub- und vertrauenswürdig wahrgenommen wird. Zugleich ist es wichtig, nicht unrealistisch zu fördern. Denn dies kann bei wiederholtem Misserfolg eher demotivieren.

Verbale Verstärkung ist besonders in Kombination mit eigenen Erfolgserfahrungen wirksam.

Feuert zum Beispiel eine Person der gleichen Laufgruppe während der letzten Meter an, kann sich dies positiv auf den Glauben an die Zielerreichung auswirken.

Ebenso kann sich eine positive Rückmeldung von Familienmitgliedern oder den Behandelnden zum Umgang mit einer Erkrankung positiv auf die Selbstwirksamkeit im Krankheitsumgang auswirken.

Fragen, die zur Förderung der eigenen Selbstwirksamkeit durch verbale Ermutigung gestellt werden können, sind beispielsweise:

Emotionale Erregung

Die eigene emotionale Verfassung beeinflusst das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Stress und Angst können sich negativ auswirken, während ein Gefühl der Ruhe und des Wohlbefindens das Vertrauen in die eigene Kompetenz stärken kann.

Auch körperliche Veränderungen im Rahmen von chronischen Erkrankungen können als Schwäche interpretiert werden, wenn sie als einschränkend wahrgenommen werden. Gedanken wie “Mit meinen Symptomen schaffe ich eh wieder nichts” können auftreten und zu Selbstzweifeln und einem Gefühl von niedrigerer Selbstwirksamkeit führen.

Wird beispielsweise ein erhöhter Herzschlag bei Anspannung als Vorbereitung des Körpers auf eine Herausforderung erkannt (statt als Nervosität oder Unsicherheit), kann dies das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten stärken. Auch Symptome einer Erkrankung können, wenn sie als Schutzsignal verstanden werden, das Gefühl der Selbstwirksamkeit erhöhen. Ein schmerzendes Gelenk etwa kann darauf hinweisen, den Fuß zu entlasten, während Müdigkeit den Körper vor Überanstrengung schützen kann.

Ziel dieser Selbstreflexion ist es nicht, körperliche Reaktionen oder Symptome zu verharmlosen oder zu verschönen. Vielmehr ist das Ziel, einen gesunden Umgang mit ihnen zu finden und einer Verschlechterung durch emotionalen Stress vorzubeugen. Denn körperliche und psychologische Faktoren stehen in engen Wechselbeziehungen zueinander.

Fragen, die zur Förderung der eigenen Selbstwirksamkeit durch Selbstreflexion gestellt werden können, sind beispielsweise:

  • Gibt es destruktive Gedanken bezüglich der Erkrankung?
  • Wie können diese wohlwollender interpretiert werden?

Selbstwirksamkeit ist der Glaube an die eigene Fähigkeit, Herausforderungen zu meistern und Ziele zu erreichen. Menschen mit hoher Selbstwirksamkeit bleiben auch in schwierigen Situationen motiviert und suchen aktiv nach Lösungen. Sie übernehmen Verantwortung für ihr Handeln und können zwischen kontrollierbaren und nicht kontrollierbaren Aspekten unterscheiden.

Die vier Einflussfaktoren – eigene Erfolge, Beobachtungen, verbale Ermutigung und Selbstreflexion – bieten verschiedene Ansätze, um Selbstwirksamkeit gezielt zu steigern. Indem man diese Faktoren nutzt, lässt sich das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten stärken und langfristig die psychische Widerstandskraft erhöhen. Selbstwirksamkeit ist somit ein dynamisches Konzept, das durch kontinuierliches Üben und positive Erfahrungen wachsen kann.