Atemprobleme bei Long Covid

Veröffentlicht am
29.11.2024
Zuletzt bearbeitet am
2.12.2024
Lesedauer:
6 Minuten

Anhaltender Husten, Kurzatmigkeit, Enge- oder Druckgefühl im Brustkorb, Luftnot in Belastungssituationen: Auch nach dem Abklingen der Symptome einer akuten Covid-19 Infektion können Atemprobleme fortbestehen. Dies gilt für milde und schwere Krankheitsverläufe gleichermaßen, wenngleich sich mögliche Ursachen unterscheiden.

Atemprobleme beschreiben grundsätzlich Probleme, die mit der Atmung zusammenhängen. Die häufigsten Atemprobleme bei Long Covid sind anhaltender Husten, Kurzatmigkeit und Atemnot.

Bei 18-51% der Long Covid Patient:innen begleiten Atemprobleme die Erkrankung.

Dieser Artikel gibt einen Überblick über Atemprobleme bei Long Covid und beleuchtet mögliche Ursachen.

Aufgrund der Breite möglicher Ursachen von Atemproblemen bei Long Covid sollten diese immer ärztlich abgeklärt werden.

Häufige Atemprobleme bei Long Covid

Zu den häufigsten Atembeschwerden bei Long Covid zählen anhaltender Husten, Kurzatmigkeit und Atemnot. Auch Brustschmerzen, Unbehagen oder ein Engegefühl in der Brust kann auftreten, das die Atmung erschwert.

Husten

Ein anhaltender oder chronischer Husten ist ein weiteres häufiges Atemwegssymptom bei Personen mit Long Covid. Der Husten kann trocken oder produktiv sein und über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben.

Atemnot & Kurzatmigkeit

Atemnot oder Schwierigkeiten beim Atmen zählen zu den häufigsten Atemwegssymptome von Long Covid. Atemnot entsteht, wenn der Körper signalisiert, das er mehr Atmung benötigt, als er bekommt. Atemnot ist eine Art Alarmzustand des Körpers, den jeder Mensch als unterschiedlich bedrohlich wahrnimmt. Atemnot wird medizinisch auch als Dyspnoe bezeichnet.

Kurzatmigkeit ist eine Form der Atemnot. Sie beschreibt das Gefühl, nicht genug Luft zu bekommen.

Kurzatmigkeit ist ein subjektiv empfundenes Symptom. Es charakterisiert sich durch

  • Schwierigkeiten beim Ein- und Ausatmen
  • Gefühl, nicht tief oder schnell genug atmen zu können
  • Erhöhte Atemfrequenz und Anstrengung beim Atmen
  • Mögliches Auftreten von Brustenge

Atemnot kann verschiedene Formen annehmen. Man unterscheidet beispielsweise zwischen

  • Belastungsdyspnoe: Atemnot unter körperlichen Belastung
  • Sprechdyspnoe: Atemnot beim Sprechen
  • Ruhedyspnoe: Atemnot in Ruhe, ohne körperliche Anstrengung
  • Orthopnoe: Atemnot, die den Betroffenen zum aufrechten Sitzen zwingt

Atemwegssymptome bei Long Covid können sowohl in ihrem Schweregrad als auch in ihrer Dauer stark variieren. Auch können Atemprobleme im Laufe der Zeit schwanken, es können also Phasen der Besserung und Verschlechterung auftreten.

Da auch die Ursachen für Atemprobleme unterschiedlich sein können, sollten auftretende Beschwerden immer ärztlich abgeklärt werden.

Ursachen von Kurzatmigkeit und Atemnot bei Long Covid

Atembeschwerden bei Long Covid können unterschiedliche Ursachen haben. Neben körperlicher Überanstrengung können psychische Faktoren wie Stress oder Angst Kurzatmigkeit auslösen. Insbesondere bei schweren Verläufen der Akuterkrankung können die Ursachen auch organischer Natur sein und durch die Lunge oder das Herz-Kreislauf System ausgelöst werden.

Überanstrengung

Bei körperlichen Aktivitäten steigt der Sauerstoffbedarf in den Zellen. Um diesen zu decken, wird die Atmung auf natürliche Weise beschleunigt. Die Atemfrequenz nimmt zu. Wird die Belastung zu hoch, kann das Atemsystem überfordert sein, was zu Atemnot führen kann.

Akute Erkrankungen, wie eine Covid-19 Infektion, können viel Ruhe erfordern und die körperliche Belastungsfähigkeit einschränken. In der Folge sinkt das Belastungsniveau. Man ist schneller “aus der Puste” als vor der Erkrankung. Wichtig ist daher, das Belastungsniveau bewusst neu zu setzen und sich neu kennen zu lernen. Wird eine Long Covid Erkrankung auch von Fatigue begleitet, kann auch Pacing helfen, mit Energiereserven umzugehen und Belatungsgrenzen nicht zu überschreiten.

Stress & Angst

Anhaltende Atembeschwerden können für die Betroffenen besorgniserregend sein. Insbesondere Atemnot kann so Stress und Ängste auslösen, die den Körper über unterschiedliche Mechanismen in einen Zustand erhöhter Anspannung versetzen. In der Folge können sie Atembeschwerden auslösen und verstärken.

Stress

Stress aktiviert u.a. das sympathische Nervensystem, das die "Kampf-oder-Flucht"-Reaktion auslöst. Das sympathische Nervensystem sorgt beispielsweise dafür, dass das Herz schneller und kräftiger schlägt, sich die Atmung beschleunigt und sich die Atemwege erweitern. So kann der Körper mehr Sauerstoff aufnehmen und transportieren. Auf dem Weg bereitet Stress über das sympathische Nervensystem den Organismus darauf vor, körperliche und geistige Leistungen zu erbringen. Über diese Mechanismen kann Stress jedoch die Atmung so stark beschleunigen, dass eine Hyperventilation eintritt. Denn die Atmung wird beschleunigt, ohne das der Körper einen erhöhten Sauerstoffbedarf, bspw. für Zusatzleistungen der Muskeln, hat. Diese Hyperventilation kann zu einem Gefühl von Atemnot führen.

Angst

Angst kann Atemnot auslösen, weil sie eine physiologische Reaktion im Körper aktiviert, die als „Kampf-oder-Flucht-Reaktion“ bezeichnet wird. Diese Reaktion wird vom sympathischen Nervensystem gesteuert und tritt in Situationen auf, die als bedrohlich wahrgenommen werden. Angst löst also eine Stressreaktion aus.

Zudem verstärkt Angst die Wahrnehmung von körperlichen Symptomen. Treten Atembeschwerden auf, können diese durch Ängste verstärkt werden. So kann es bei Angst zu einer flachen, schnellen Atmung kommen, die den Sauerstoffaustausch ineffizient macht, was das Gefühl der Atemnot verstärkt.

Veränderungen und Schädigungen der Lunge

Das Coronavirus kann die Lungenfunktion auf verschiedene Weise beeinflussen. So bindet es beispielsweise an Rezeptoren, die in Zellen in den Atemwegen und der Lunge vorkommt. Besonders betroffen sind die Alveolarzellen, die den Gasaustausch ermöglichen. Auch vermehrt (repliziert) sich das Virus in Zellen der Atemwege und der Lunge, was die befallenen Zellen schädigen oder zerstören kann.

Halten Atemprobleme wie Husten, Kurzatmigkeit oder Atemnot nach Abklingen der Akutphase der Infektion an, können Veränderungen oder Schädigungen in der Lunge ursächlich sein.

Bei milden Verläufen der Akutphase scheinen Funktionsstörungen der kleinen Atemwege Atemprobleme zu verursachen [4,5]. Als kleine Atemwege werden Atemwege mit einem Durchmesser von weniger als 2mm bezeichnet. Sie spielen eine essenzielle Rolle im Transport von Sauerstoff und Kohlenmonoxid. Auch beeinflussen sie die Lungenmechanik maßgeblich und tragen zur Unterteilung des Lungenvolumens bei.

Verbleiben Corona-Viren nach Abklingen der Erkrankung in den Zellen der Lunge, können diese kontinuierlich weitere Schäden bedingen [6]. Medizinier sprechen auch von einer direkten Virustoxizität. Diese Schäden werden in Form von anhaltenden Atemproblemen bemerkbar.

Auch kann eine anhaltende Reaktion des Immunsystems im Lungengewebe Symptome verursachen. So wurden bei Long Covid Patienten mit Atemproblemen beispielsweise vermehrt Zytokine nachgewiesen. Zytokine sind Botenstoffe, die eine wichtige Rolle bei Immunreaktionen spielen. Durch die Immunreaktion auf das Coronavirus können sie jedoch auch eine Verhärtung von Bindegewebe zwischen den Lungenbläschen auslösen. Eine solche Verhärtung wird auch als Fibrose bezeichnet, die Atemprobleme verursachen kann.

Ein weiterer immunologischer Erklärungsansatz beschreibt eine systemische Entzündung von Lungengewebsstrukturen, die durch eine anhaltende Immunreaktion ausgelöst wird. Maßgeblich können sog. zytotoxische T-Zellen & T-Zellen sein [4, 7-10].

In der Folge kann es zu einer sogenannten Diffusionsstörung kommen. Bei einer Diffusionsstörung ist der Durchmesser der Gasaustauschfläche in den Alveolarzellen, also am Übergang von Lunge zum Gefäßsystem, verdickt. Es kann weniger Sauerstoff ins Blut transportiert und weniger Kohlenstoffdioxid abtransportiert werden als üblich.

Bei schweren Verläufen der Akutinfektion können zudem Alveolarschäden und Thrombosen, anhaltende Atemprobleme bei Long Covid verursachen [11].

Kardiovaskuläre Ursachen für Kurzatmigkeit

Über die Atmung gelangt mit der Luft Sauerstoff in das Blut. Im Blut werden Sauerstoff und Nährstoffe durch den Körper transportiert. Das Blut wird wiederum durch den Schlag des Herzens ununterbrochen durch den Körper getrieben. Auf dem Weg versorgt der Blutkreislauf die Organe und Gewebe mit notwendigem Sauerstoff und Nährstoffen.

Studien haben gezeigt, dass das Coronavirus bereits während der Akutphase der Infektion das Herz beeinflussen kann [12,13]. Beispielsweise kann das Virus in einigen Fällen entzündliche Erkrankungen am Herzen (Myokarditis) und ischämische/thromboembolische Ereignisse auslösen [14].

In der Konsequenz können Atemprobleme bei Long Covid auch eine Folge von kardiologischen Symptomen sein.

Atemprobleme zählen zu den häufigsten Symptomen von Long Covid. Zu ihnen zählen anhaltender Husten, Kurzatmigkeit und Atemnot. Die Ursachen für Atemprobleme bei Long Covid sind vielfältig und werden weiterhin wissenschaftlich untersucht. Mögliche Ursachen reichen von Überanstrengung, Ängsten und Stress bis hin zu organischen Ursachen in Lunge oder dem Herz-Kreislauf-System.

Atemprobleme können in Schweregrad und Dauer stark schwanken und sollten ärztlich abgeklärt werden. Eine gezielte Behandlung, angepasst an die individuellen Ursachen, ist entscheidend für die Linderung der Symptome.