Was ist Post-Exertionelle Malaise?

Veröffentlicht am
4.6.2024
Zuletzt bearbeitet am
25.9.2024
Lesedauer:
5 Minuten

Post-Exertionelle Malaise beschreibt ein Unbehagen oder eine Missstimmung (Malaise) die nach (Post) Belastungen (Exertionell) auftritt. Post-Exertionelle Malaise bezeichnet also eine Belastungsintoleranz.

Bei Betroffenen können sich bereits nach leichter Anstrengung bestehende Symptome verschlechtern oder neue Symptome auftreten. Häufig geht eine PEM mit einem starken Abfall des Leistungs- und Aktivitätenniveaus einher. Post-Exertionelle Malaise wird teilweise auch als Crash bezeichnet, der mit einer Grippe, Kater oder Jetlag vergleichbar ist.

PEM ist spezifisch für ME/CFS. Sie zählt zu den klinischen Diagnosekriterien und Leitsymptomen einer Myalgischen Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue Syndrom.

Was sind Auslöser einer Post-Exertionellen Malaise?

Auslöser einer PEM können sehr unterschiedlich sein. Grundsätzlich können körperliche und kognitive Aktivitäten aber auch Emotionen Auslöser sein. Dies umfasst Aktivitäten und Emotionen die negativ und stressig sind, aber auch positive und freudvolle:

Alltägliches kann so PEM bedingen:

  • das Einkaufen im Supermarkt
  • ein Spaziergang
  • Sitzen oder Stehen (Orthostatischer Stress[artikel zufügen])[2]
  • äußere Reize wie Licht oder Geräusche
  • geistige Anstrengungen wie Lesen, Fernsehen oder eine Unterhaltung

Bei ME/CFS Patienten beeinflusst die Schwere der Grunderkrankung die Auslöser. Je schwerer ausgeprägt die Erkrankung ME/CFS ist, desto niedrigschwelliger sind häufig auch die auslösenden Aktivitäten und Emotionen.

Auch können sich Auslöser einer PEM im Laufe der Erkrankung verändern. So zeigte eine Studie, dass im früheren Krankheitsstadium Stress einen größeren Einfluss hat als bei Patienten, die seit mehr als zehn Jahren unter ME/CFS leiden [1].

Was sind Symptome eines Post-Exertionellen Malaise?

Zu häufigen Symptomen, die bei PEM auftreten, gehören:

Allgemeine Symptome

  • Erschöpfung/starke Fatigue
  • Grippeähnliche Symptome (Halsschmerzen, Muskelschmerzen, erhöhte Müdigkeit)
  • Muskelschwäche
  • Schlafprobleme/Schlafschwierigkeiten
  • Schüttelfrost
  • Geringgradiges Fieber
  • Absinken der Körpertemperatur
  • Blasenfunktionsstörungen

Kognitive Symptome

  • Brain Fog (Probleme mit Konzentration, Informationsverarbeitung und Gedächtnis)
  • Kognitive Beeinträchtigung

Schmerzen

  • Körperliche Schmerzen
  • Kopfschmerzen

Sensorische Symptome

  • Erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Lärm, Licht, Berührung, Vibrationen oder Bewegung

Fatigue ist oft das Hauptsymptom von PEM. Es kann jedoch auch mit einer Verschlechterung von bestehenden Symptomen und dem Auftreten neuer Symptome einhergehen. Die spezifischen Symptome und deren Schweregrad können von Person zu Person variieren. Auch können die Symptome im Laufe der Zeit schwanken. Kennzeichnend für die PEM ist, dass diese Symptome durch eine minimale körperliche, kognitive oder sensorische Anstrengung ausgelöst werden, die ein gesunder Mensch tolerieren würde.

Wann tritt eine Post-Exertionellen Malaise auf?

Eine PEM kann unmittelbar nach einer Aktivität oder einem emotionalen Event auftreten, aber auch bis zu 12-72 Stunden zeitversetzt. Man spricht von einer Latenz oder Latenzzeit von 12-72 Stunden. [1,5]

Einige wissenschaftliche Studien haben sich dem Thema Latenzzeit von PEM bei Patienten mit ME/CFS bereits gewidmet:

  • 11 % der ME/CFS-Patienten berichteten über eine anhaltende Verzögerung von mindestens 24 Stunden nach dem Auslöser, bevor PEM-Symptome auftraten [4]
  • 84 % der Patienten leiden 24 oder mehr Stunden nach der Anstrengung an PEM [4]
  • Körperliche Anstrengungen führen häufig nach kürzerer Latenzzeit zu PEM als kognitive Aktivitäten [1]

Aufgrund des verzögerten zeitlichen Zusammenhangs zwischen Aktivität und PEM kann es sehr schwierig sein, Auslöser zu identifizieren.

Dennoch ist dies sehr wichtig, um künftige Crashes zu vermeiden. Ein Strategie zum Krankheitsmanagement ist das Pacing.

Wie wird eine Post-Exertionelle Malaise diagnostiziert?

Da PEMs mit unterschiedlichen Auslösern und variierenden Symptomen einher gehen können, gestaltet sich die Diagnose häufig sehr schwierig.

Zur Bestimmung bzw. Objektivierung einer PEM werden häufig validierte Fragebögen genutzt, die Charakteristika einer PEM erfragen.

Zu den oft genutzten Fragebögen zählen

  • DePaul Symptom Questionnaire (DSQ)
    z.B. Verschlimmert sich deine Fatigue nach einer minimalen körperlichen Anstrengung und/oder geistigen Anstrengung? Wenn du dich nach Aktivitäten schlechter fühlst, wie lange dauert dies an?
  • DePaul Post-Exertional Malaise Questionnaire (DPEMQ)
    Erfragt z.B. Auslöser der PEM, Beginn und Dauer der PEM-Symptome, Schwere und Art der während der PEM auftretenden Symptome, Auswirkung von Pacing auf PEM [5].
  • Brief Questionnaire to Assess Post-Exertional Malaise
    Dieser verkürzte 10-Punkte Fragebogen wurde aus dem DPEMQ abgeleitet. Er erfasst die Häufigkeit, den Schweregrad und die Dauer der PEM-Symptome in den letzten 6 Monaten.

Neben validierten Fragebögen können auch körperliche Tests herangezogen werden.

  • Der zweistufige kardiopulmonale Belastungstest wurde als Indikator für die körperliche Leistungsfähigkeit genutzt. Da dieser Test bei ME/CFS Patienten zu einer dauerhaften Verschlechterung der Symptome führen kann, wird er heute üblicherweise nicht mehr angewendet.
  • Die doppelte Handkraftmessung kann schonend die muskuläre Erschöpfung messen. Bei der doppelten Handkraftmessung wird die Handkraft mit einem Handgreifgerät jeweils zehn mal im Abstand von einer Stunde gemessen. Bei ME/CFS Betroffenen nimmt die Handkraft in der zweiten Messung signifikant ab [3,6].

Die Auslöser, Symptome und Auswirkungen einer Post-Exertionellen Malaise sind von Patient zu Patient unterschiedlich. Kennzeichnend für eine PEM ist jedoch, dass ein Crash nach einer geringen körperlichen, kognitiven oder emotionalen Aktivität auftritt, wenngleich die Latenzzeit variieren kann. Da es bislang keine medikamentöse Therapien gibt, gilt es PEM oder Crashes zu vermeiden, da jeder Crash das Chronifizierungsrisiko erhöht. Eine Bewältigungsstrategie ist Pacing, mittels dem Betroffene dazu befähigt werden, ihre Energiereserven neu kennenzulernen und Grenzen nicht zu überschreiten.