Sport und Bewegung sind gut für die Gesundheit. Sie stärken die körperliche Leistungsfähigkeit und Muskelkraft und wirken sich positiv auf die kognitive Leistungsfähigkeit aus. Auch bei der Bewältigung von Krebs kann Bewegung unterstützend wirken, da sie Symptome wie eine tumorbedingte Fatigue, Ängste und Depressionen mindern kann.
Bereits während der Therapie wird bei vielen Krebserkrankungen Sport und Bewegung empfohlen. Da nicht jede Bewegungsart für alle Krebsarten geeignet ist, ist es ratsam mit dem behandelnden Arzt zu besprechen, wann welche Sportart begonnen werden kann. Bei Schwindel, starken Schmerzen oder Übelkeit sowie Infektionen sollte kein Sport getrieben bzw. dieser sofort abgebrochen werden.
Ausdauersport
Ausdauersport umfasst alle körperliche Aktivitäten, die über einen längeren Zeitraum hinweg ausgeführt werden und darauf abzielen, die Ausdauer und das Herz-Kreislauf-System zu verbessern. Ausdauersportarten sind aerob, sie nutzen also Sauerstoff zur primären Energiegewinnung.
Joggen, Walken, Radfahren und Schwimmen zählen zu den beliebtesten Ausdauersportarten. Auch Skilanglauf, Inline Skaten, Rudern oder (Berg-)wandern zählen dazu.
Ausdauersport geht grundsätzlich mit einer Reihe an gesundheitlichen Vorteilen einher.
Zu diesen zählen
- Verbesserung der Herz-Kreislauf-Gesundheit durch Stärkung des Herzens und Verbesserung der Durchblutung
- Steigerung der Ausdauer, wodurch der Körper über einen längeren Zeitraum aktiv bleiben kann ohne zu ermüden
- Reduktion von Stress, da bei körperlichen Aktivitäten Endorphine ausgeschüttet werden, die das Wohlbefinden steigern und Stress reduzieren können
- Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens, der mentalen Gesundheit und Stimmung, Reduktion von Angst
- Steigerung des allgemeinen Energielevels
Studien haben gezeigt, dass schon zwei bis dreimal 30min Ausdauersport pro Woche Fatigue bei Krebspatienten verringern kann [1,2]. Ausdauersport muss nicht extrem anstrengend sein, um einen positiven Effekt zu haben. Bereits Training bei mittlerer Intensität (ca. 65% deiner maximalen Herzfrequenz) ist ausreichend. Das erreichen die meisten Menschen bereits bei einem zügigen Spaziergang, einer Runde auf dem Fahrrad, oder einigen Bahnen im Schwimmbad.
Wichtig ist dabei, die eigenen Grenzen nicht zu überschreiten. Grundsätzlich wird empfohlen mit leichten körperlichen Aktivitäten zu beginnen und die Intensität langsam zu steigern: Spaziergänge bei denen man über Wochen und Monate die Distanz und Gehgeschwindigkeit steigert, ähnlich bei anderen Ausdauersportarten. Eine Trainingseinheit sollte 30-60 Minuten betragen, dabei sind aber auch Intervalle von mindestens 10 Minuten länge in Ordnung. Leichte Aktivitäten sind solche, bei denen man sich noch gut unterhalten kann. Wird es anstrengender und man beginnt zu schnaufen, sind Aktivitäten moderates Training. Dies ist jedoch nur eine Daumenregel.
Kraft- und Widerstandstraining
Krafttraining ist eine Form des körperlichen Trainings, die darauf abzielt, die Muskeln durch die Anwendung von Widerstand zu stärken und zu vergrößern. Im Prinzip gehören alle Übungen dazu, bei denen die Muskeln gegen eine entgegengesetzte Kraft arbeiten, sodass sich die Muskeln stärker anspannen und physiologisch stärker arbeiten als bei Übungen ohne Widerstand. Dieser Widerstand kann durch die Verwendung von Gewichten, Maschinen, elastischen Bändern oder dem eigenen Körpergewicht erzeugt werden.
Zu den allgemeinen Vorteilen von Kraft- und Widerstandstraining zählen
- Erhalt und/oder Aufbau von Muskelmasse durch Stimulation
- Verbesserung von Kraft, Muskelausdauer und Muskelfunktion
- Verbesserung von Körperhaltung und Balance
Etwa 50% der Krebspatienten verlieren ungewollt Gewicht und Muskelmasse während der Erkrankung. Im medizinischen Kontext spricht man von einer Kachexie. Studien zufolge kann strukturiertes muskuläres Training während einer Chemo- oder Strahlentherapie Kachexie positiv beeinflussen [5,6]. Unabhängig von der Entität wird Krafttraining allen Tumorpatienten in der (Früh-)Rehabilitationsphase empfohlen. Krafttraining kann außerdem eine positive Auswirkung auf die Stimmung und Lebensqualität haben und Fatigue reduzieren [2].
Empfohlen wird, die großen Muskelgruppen zwei- bis dreimal je Woche für 45 bis 60 Minuten moderat zu trainieren. Wichtig ist jedoch vor dem ersten Training mit einem Experten (z.B. Sportmediziner, Physiotherapeuten, in einem guten Fitnessstudio) eine Krafttestung durchzuführen, um die maximale Belastung zu bestimmen und ein Trainingsprogramm zu erstellen. Moderates Kraft- und Widerstandstraining meint, dass etwa 50-75% der Muskelkraft eingesetzt werden. Während der Therapie ist von Maximalkrafttraining abzuraten. Ebenfalls wird empfohlen, mit dem behandelnden Arzt zu besprechen, ab wann Training möglich.
Sanfte Bewegungsarten
Sanfte Bewegungsarten sind Aktivitäten, die schonend für den Körper sind und oft darauf abzielen, Flexibilität, Balance, Entspannung und Achtsamkeit zu fördern.
Bei sanften Bewegungsarten stehen die Wahrnehmung des eigenen Körpers, gezielte kontrollierte Bewegung und die Atmung im Mittelpunkt. Auch berücksichtigen sie das Körperbewusstsein. Ein gesundes Körperbewusstsein beschreibt ein stimmiges, mit sich im Einklang befindliches Gefühl. Man akzeptiert sich selbst und wie sich der Körper anfühlt. Zu sanften Bewegungsarten zählen
- Yoga
Yoga umfasst eine Vielzahl von Übungen, Atemtechniken und Meditationen, die die Flexibilität verbessern, die Muskeln stärken, den Geist beruhigen und Stress abbauen können. Dabei gibt es verschiedene Yogarichtungen, die unterschiedliche Fokus auf körperliche Anstrengung, Dehnung, Mediation legen.
- Tai Chi
Tai Chi ist eine chinesische Kampfkunst, die durch langsame, fließende Bewegungen und tiefe Atmung gekennzeichnet ist. Thai Chi fördert die Balance, verbessert die Körperhaltung und kann dazu beitragen, Stress abzubauen.
- Pilates
Pilates konzentriert sich auf die Stärkung der Kernmuskulatur, die Verbesserung der Flexibilität und die Förderung einer gesunden Körperhaltung. Durch kontrollierte Bewegungen und bewusste Atmung kann Pilates dazu beitragen das Körperbewusstsein zu verbessern und Stress abzubauen.
- Qi Gong
Qi Gong ist eine traditionelle chinesische Praxis, die Bewegung, Atmung und Meditation kombiniert, um den Fluss von Lebensenergie (Qi) im Körper zu fördern. Es kann dazu beitragen, Stress abzubauen, die Entspannung zu fördern und die Gesundheit zu verbessern.
- Wassergymnastik
Wassergymnastik oder Aqua-Fitness wird im Wasser durchgeführt und bietet eine gelenkschonende Möglichkeit, Ausdauer, Kraft und Flexibilität zu verbessern. Das Wasser reduziert den Druck auf die Gelenke und ermöglicht ein sanftes Training. Auch Wassergymnastik kann sich positiv aus das Stresslevel und die Stimmung auswirken.
- Meditative Spaziergänge
Ein meditativer Spaziergang beinhaltet langsames Gehen in der Natur. Besonderes Augenmerk wird während meditativer Spaziergänge auf die Sinneswahrnehmungen und die Atmung gerichtet. Sie können dazu beitragen, Stress abzubauen und den Geist zu beruhigen.
Durch einschneidende Veränderungen im Leben wie beispielsweise eine Krebsdiagnose oder eine Operation die ggf. mit äußerlichen Veränderungen des Körpers einher geht, kann sich die Wahrnehmung des eigenen Körpers verändern. Diese Aktivitäten sind besonders für Menschen geeignet, die nach einer Verletzung, während der Genesung oder bei bestimmten gesundheitlichen Einschränkungen trainieren möchten.
Sanfte Bewegungsarten tragen durch gezielte und bewusste Bewegungen und Atmung dazu dabei, Stress zu reduzieren. Klinische Studien belegen zunehmend, dass sie Fatigue und Schmerz verringern, Depression und Angststörungen entgegenwirken, und die Lebensqualität verbessern können. Außerdem führen die wiederholten Bewegungsreize zu verbesserter körperlicher Flexibilität, Stabilität, und – je nach Methode – Kraft. Sie können außerdem Steifigkeit mindern. Studien zeigen, dass Yoga und Qi Gong Fatigue vergleichbar oder teilweise sogar noch besser verringern können als Kraft- und Ausdauertraining [7,8].
Sport und Bewegung können die Bewältigung von Krebserkrankungen unterstützen. Welche Bewegungsart die richtige ist, hängt nicht nur von deinem Krankheitsstadium ab, sondern auch von deinen persönlichen Präferenzen - schließlich soll sich Sport und Bewegung gut für dich anfühlen. Besprich am besten mit deinem behandelnden Arzt, ob, wann und in welcher Intensität du die Bewegungs- oder Sportart deiner Wahl durchführen kannst.
[1] Brown, J. C., Huedo-Medina, T. B.et al.: Efficacy of Exercise Interventions in Modulating Cancer-Related Fatigue among Adult Cancer Survivors: A Meta-Analysis. 2011. Cancer Epidemiology, Biomarkers & Prevention, 20(1), 123-133
[2] Kessels, E.; Husson, O.; van der Feltz-Cornelis, CM: The effect of exercise on cancer-related fatigue in cancer survivors: a systematic review and meta-analysis. 2018. Neuropsychiatric Disease and Treatment, 14:, 479-494,
[3] Davies NJ, Batehup L, Thomas R. The role of diet and physical activity in breast, colorectal, and prostate cancer survivorship: a review of the literature. 2011. British Journal of Cancer 105, S52 – S73; doi:10.1038/bjc.2011.423
[4] Deutsche Krebsgesellschaft (Hrsg.) Sport und Krebs. Kann man dem Krebs davonlaufen? FORUM, Band 26, Ausgabe 03.2011.
[5] Lemanne D, Cassileth B, Gubili J. The role of physical activity in cancer prevention, treatment, recovery, and survivorship. Oncology. 2013 Jun;27(6):580-5.
[6] Strasser, B.; Steindorf, K. et al.: Impact of resistance training in cancer survivors: A Meta Analysis. Med Sci Sports Exerc 2013;45:2080–2090.
[7] Bower JE, Woolery A, Sternlieb B, Garet D. Yoga for Cancer Patients and Survivors. Cancer Control. 2005;12(3):165-171.
[8] Klein, P.J., Schneider, R. & Rhoads, C.J. Qigong in cancer care: a systematic review and construct analysis of effective Qigong therapy. Support Care Cancer 24, 3209–3222 (2016)