Rasendes Herz, Schmerzen in der Brust, oder Schwindelgefühl beim Aufstehen? Das sind alles Symptome, die auch bei Long & Post Covid auftreten können. Das kann ganz schön Angst machen, ist in den meisten Fällen aber nur vorübergehend.
Kardiologische Symptome bei Long & Post Covid
Covid-19 ist zwar bei vielen noch als Lungenkrankheit abgespeichert, kann sich aber auch in einige andere Bereiche im Körper wie dem Herz- und Gefäßsystem (kardiovaskuläres System) bemerkbar machen. Zahlreiche Studien haben seit Pandemiebeginn belegt, dass kardiologische Komplikationen auch über den direkten Infektionszeitraum hinaus auftreten können. Zu den typischen anhaltende Herzprobleme zählen dabei:
- Kurzatmigkeit und schnelle Erschöpfung
- Herzrasen
- Herzstolpern
- Brustschmerzen
Die exakte Häufigkeit ist bisher noch nicht geklärt, da sich die Studienpopulationen stark unterscheiden. Sie scheint sich jedoch zwischen 10% und 30% aller Betroffenen zu bewegen. Dabei sind sowohl Vorerkrankte als auch eigentlich junge, vitale Patient:innen betroffen, sowie Patient:innen mit schwerem oder leichtem Verlauf der Akuterkrankung.
Je nachdem welche Symptome bei einem/r Patient:in auftreten, unterscheidet man kardiovaskulär zwischen zwei Formen der ****Post-akuten Folgen einer SARS-CoV-2-Infektion (PASC):
- PASC-cardiovascular disease (PASC-CVD): hierbei sprechen die Symptome für eine eindeutige kardiovaskuläre Erkrankung (z.B. eine Herzmuskelentzündung).
- PASC-cardiovascular syndrome (PASC-CVS): hierbei lassen sich die Symptome nicht oder nicht vollständig zu einer Diagnose vereinen.
Wie verlaufen kardiologische Symptome bei Long & Post Covid?
Besonders interessant für Long Covid Patient:innen ist, dass viele dieser kardiologischen Symptome häufig erst einige Tage oder Wochen nach der eigentlichen Akutphase der Infektion auftreten und ihren Höhepunkt im Schnitt etwa sieben Wochen nach Infektionsbeginn erreichen. Danach klingen sie in den meisten Fällen auch langsam wieder ab. Allerdings gibt es auch Patient:innen, bei denen die Beschwerden noch über Monate bestehen.
Während diese Symptome zumeist harmlos verlaufen, muss dennoch erwähnt werden, dass auch ernsthafte Herzprobleme in Long und Post Covid Patient:innen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auftreten. Besonders wenn während der Akutphase der Covid19-Infektion schon Herzprobleme vorlagen, ist das Risiko, dass diese auch in den Folgemonaten noch akut auftreten können erhöht. Gleichzeitig ist die Inzidenz neu auftretender Herzbeschwerden in den ersten sechs Monaten nach der Infektion direkt mit dem Schweregrad der Akuterkrankung assoziiert. Patient:innen die im Krankenhaus behandelt oder gar künstlich beatmet werden mussten, unterliegen einem erhöhten Risiko, dass sich die Erkrankung auch auf das Herz auswirkt.
Welche Ursachen haben kardiologische Symptome bei Long & Post Covid?
Die Ursachen von Herzrasen, verminderter Leistungsfähigkeit, oder einem erhöhten Ruhepuls bei Long Covid Patient:innen sind bei weitem noch nicht geklärt.
Eine Möglichkeit ist, dass die Beschwerden gar nicht von Problemen im Herz selbst herrühren, sondern eine Reaktion auf die verminderte Bewegung während der Erkrankung ist. So können zum Beispiel langwieriges Liegen und Inaktivität zu verminderter Leistungsfähigkeit führen. Auch Dehydrierung kann einen erhöhten Puls auslösen.
Dennoch haben mittlerweile eine ganze Reihe an Studien nachgewiesen, dass auch das Herzgewebe selbst betroffen sein kann. Dazu kann eine chronische Entzündungsreaktion durch Überdauern des Virus‘ im Herzen zählen, sowie diffuse Autoimmunreaktionen oder die Versteifung der Gefäßwände durch dauerhaft hohe oxidative Belastung. Wichtig dabei ist jedoch hervorzuheben, dass in den meisten Fällen keine weitreichenden Schäden des Herzmuskels und damit einhergehende Einschränkung der Herzfunktion vorliegen.
Wie werden kardiologische Symptome bei Long & Post Covid behandelt?
Die Behandlungsleitlinien orientieren sich primär an der jeweiligen Symptomatik. Treten Herzbeschwerden während oder nach einer Covid-19 Infektion auf, sollte demnach in erster Linie der/die Hausärzt:in konsultiert werden. Insbesondere wenn die Beschwerden plötzlich, stark, oder über einen längeren Zeitraum vorkommen. Auch wenn bereits kardiovaskuläre Vorerkrankungen vorliegen, sollte baldmöglichst ein:e Ärzt:in aufgesucht werden.
Diagnoseverfahren beinhalten dann für gewöhnlich die Untersuchung der kardialen Symptome (Brustschmerzen, Puls, Herzrythmusstörungen, …) sowie einer Erfassung des Troponin-levels, anhand dessen Durchblutungsstörungen am Herzen erfasst werden können. Wenn notwendig können ein EKG, MRT, oder weitergehende bildgebende Tests hinzukommen.
Weitere Behandlungsschritte folgen dann den aktuellen Leitlinien kardiovaskulärer Erkrankungen. Je nach Schweregrad kann dies von Ruhepause und langsam zunehmender Aktivität bis hin zu pharmakologischen oder gar stationären Interventionen reichen.
Liegt keine Schädigung des Herzmuskels oder anderer Organsysteme vor, empfehlen die S1-Litlinien einige nicht-medikamentöse Therapien, um mit den Symptomen umzugehen:
- Hinreichende Flüssigkeitszufuhr
- Ausreichend Salzzufuhr, soweit kein Bluthochdruck vorliegt. Empfohlen werden 8-10 g Salz pro Tag als Teil der täglichen Ernährung
- Wenn nötig Kompressionsstrümpfe/ Leitbinden
- Langsam steigerndes kardiales Ausdauertraining, soweit keine Symptomverschlechterung eintritt
Außerdem wurde in einer korrelativen Studie festgestellt, dass bei Geimpften der Ruhepuls im Schnitt schon nach drei bis sechs Wochen das Normalniveau wieder erreicht hatte, während er bei Ungeimpften im Schnitt elf Wochen erhöht blieb. Hierbei wurde allerdings keine Kausalität erforscht, und auch inwieweit dies mit anderen Herzbeschwerden zusammenhing ist noch unklar.
Zusammenfassung
Kardiovaskuläre Beschwerden sind ein häufiger Begleiter nach einer Covid-19 Erkrankung und treten vermehrt auch erst nach der eigentlichen Akutphase in Long Covid Patient:innen auf. Noch ist nicht abschließend geklärt, wodurch die Beschwerden hervorgerufen werden und welche Langzeitfolgen daraus entstehen. In den meisten Fällen sind die Symptome jedoch mild und klingen schon nach wenigen Wochen wieder ab. Bei starken, plötzlichen oder langanhaltenden Symptomen, Vorerkrankungen, oder einer andersweitig besorgniserregenden Entwicklung sollte dennoch direkt ein:e Ärzt:in konsultiert werden.
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