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Arbeit und Fatigue - Berufliche Wiedereingliederung

Manchmal sind Alltagsstrategien nicht genug, um den Arbeitsalltag zu meistern. Hier zeigen wir dir, von welchen Rehabilitationsleistungen du Gebrauch machen kannst, welche beruflichen Wiedereingliederungsmöglichkeiten es nach einer Arbeitspause gibt, und wie du bei Arbeitsausfall finanzielle Unterstützung bekommst.
Körperliche und mentale Fatigue können einen massiven Einfluss auf deine Arbeitsfähigkeit haben – in vielen Fällen bis hin zu dem Punkt, dass du deiner Arbeit nur noch begrenzt oder gar nicht mehr nachkommen kannst. Je nachdem ob dies nur für einige Wochen oder auf Dauer der Fall ist, gibt es verschiedene Möglichkeiten Hilfe zu bekommen. Welche das sind und wie du in dieser Zeit finanziell Unterstützung bekommen kannst, schauen wir uns heute an.
Im vorigen Beitrag ‚Arbeit und Fatigue Teil 1' haben wir bereits besprochen, wie schwierig es sein kann, Fatigue und Arbeit unter einen Hut zu bekommen – und dass du damit nicht allein bist. Egal mit welcher Krankheit bzw. mit welchem Auslöser deine Fatigue zusammenhängt, die mentale und körperliche Erschöpfung erschwert die Präzision, Richtigkeit, und Geschwindigkeit unseres Handelns und wirkt sich zudem negativ auf unsere Stimmung aus. Die Strategien, die wir dir dabei vorgestellt haben, können zwar hilfreich sein, sind aber besonders in den Schubphasen der Krankheit oft nicht ausreichend. Kannst du deiner Arbeit nicht mehr gewissenhaft nachkommen, gibt es mehrere Möglichkeiten wie es weitergehen kann.

1. Krankschreibung

Der erste Schritt, wenn du deine Arbeit im Moment aus gesundheitlichen Gründen nicht ausführen kannst, ist dich bei deinen Arbeitgebern krank zu melden. Das gibt dir Zeit, wieder Energie zu tanken und mit deinen Symptomen proaktiv umzugehen. Achtung: nach drei Tagen ist eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt notwendig, die du spätestens am Morgen des vierten Krankheitstags bei deinen Vorgesetzten einreichen musst. Wie der Name schon andeutet, bestätigt diese, dass du derzeit nicht im Stande bist, deiner Arbeit für eine bestimmte Zeit nachzukommen. Ab dem ersten Tag der Krankschreibung durch deinen Arzt/ deine Ärztin hast du Anspruch auf Krankengeld. Dies wird dir in der Regel bis einschließlich der sechsten Woche nach der Krankschreibung von deinen Arbeitgebern bezahlt. Von der siebten Woche bis zum 18. Monate nach der Krankschreibung zahlt dir danach die Krankenkasse 70% deines beitragspflichtigen Arbeitsentgelts (maximal 78 Wochen in drei Jahren) – vorausgesetzt du bist aus ärztlicher Sicht auch weiterhin arbeitsunfähig. Die initiale Krankschreibung muss gegebenenfalls erneuert werden, je nachdem von welcher Krankheitsdauer der damalige Arzt/ die damalige Ärztin ausgegangen ist.
Vorsicht: bei Selbstständigen und Kurzzeitbeschäftigten kann die Situation für die ersten sechs Wochen etwas anders aussehen. Sprich mit deiner Krankenkasse um auf Nummer sicher zu gehen.
Im Rahmen dieser krankgeschriebenen Zeit kann es auch sinnvoll sein, von Rehabilitationsprogrammen Gebrauch zu machen.

2. Rehabilitationsleistungen

Im allgemeinen Sprachgebrauch werden Rehabilitationsleistungen oft auch einfach als Reha bezeichnet. Das Hauptziel ist hierbei die Verschlimmerung einer Krankheit abzuwenden und die Funktionsfähigkeit der Patienten bestmöglich wieder herzustellen. Solche Maßnahmen werden für gewöhnlich von einem Team aus verschiedenen Experten (z.B. Neurologe, Physio- und Psychotherapeut) durchgeführt und können sowohl im ambulanten als auch stationären Kontext stattfinden.
Im Arbeitskontext gibt es zwei Arten, die für dich von besonderem Interesse sind:
  • Medizinische Rehabilitation: jeder, dessen Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder bereits gemindert ist, hat Anspruch auf medizinische Rehabilitationsleistungen. Dabei wird die Symptomatik und wenn möglich Ursachen behandelt und du lernst, wie du selbst am besten damit umgehen kannst. Sprich am besten mit deinem Arzt/ deiner Ärztin oder einer krankheitsassoziierten Beratungsstelle, um die ideale Behandlung für dich zu finden. Medizinische Rehabilitation wird entweder von der Rentenversicherung übernommen, oder von der Krankenkasse gezahlt, falls die Reha der Vermeidung der Pflegebedürftigkeit dient.
  • Berufliche Rehabilitation: hierbei dreht es sich nicht um eine Heilbehandlung, sondern Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die dir dabei helfen sollen, deine Erwerbsfähigkeit zu erhalten und/oder dir neue Berufschancen zu eröffnen. Diese Leistungen können entweder über spezialisierte Kliniken erfolgen (z.B. parallel zu einer medizinischen Reha), am Arbeitsplatz stattfinden, oder in Form von Weiterbildungsmaßnahmen genutzt werden. Ob du Anspruch darauf hast und wie du einen Antrag stellst, erfährst du bei deiner Rentenversicherung.
Willst du nun nach einer längeren Pause langsam wieder ins Arbeitsleben einsteigen, gibt es neben den beruflichen Rehabilitationsleistungen auch gesetzliche Wiedereingliederungsmaßnahmen, von denen du Gebrauch machen kannst.

3. Stufenweise Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

Das Hamburger Modell ist eine gesetzlich verankerte Herangehensweise, Menschen nach einer krankheitsbedingten Pause von mehr als sechs Wochen schrittweise wieder in die Berufstätigkeit zu begleiten. Dabei erarbeiten Ärzt:innen, der/die Betroffene und die Arbeitgeber zusammen einen Plan für den Wiedereinstieg in den Beruf. Dieser beginnt mit einer an die Gesundheit der/des Betroffenen angepassten geringen Stundenzahl und arbeitet sich stufenweise auf das Anfangsniveau vor der Erkrankung hoch. Zuzüglich können berufliche Rehabilitationsleistungen in Anspruch genommen werden, um die Kosten für notwendige Änderungen am Arbeitsplatz wie zum Beispiel an die Fatigue angepasste Technologien zu decken. Der Plan ist dabei hochindividuell und dauert für gewöhnlich sechs Wochen bis sechs Monate. Während der Wiedereingliederungszeit erhält der/die Betroffene weiterhin Krankengeld von der Krankenkasse bzw. ein Übergangsgeld von der Rentenversicherung statt dem normalen Lohn.
Voraussetzung für die stufenweise Wiedereingliederung ist die Feststellung des Arztes/ der Ärztin, dass der/die Patient:in derzeit nicht dem vollen Arbeitspensum nachkommen kann, der angenommene Antrag an die Renten- oder Krankenversicherung, und die Zustimmung des Arbeitgebers.
Es gibt also eine ganze Reihe an Strategien und gesetzlichen Möglichkeiten von denen du Gebrauch machen kannst, wenn Fatigue dir den Arbeitsalltag erschwert. Aber wie sieht das ganze finanziell aus, wenn du mit deiner Fatigue das Haus kaum verlassen und einer Anstellung gar nicht mehr nachkommen kannst?

4. Arbeitsunfähigkeit und Erwerbsminderungsrente

Dass du finanzielle Unterstützung in Form von Krankengeld für die ersten 18 Monate nach der Krankschreibung bekommen kannst, haben wir bereits unter dem Punkt Krankschreibung besprochen. Kannst du auch nach diesen 18 Monaten aus gesundheitsbedingten Gründen nicht wieder in den Beruf einsteigen, solltest du einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen. Diese ist darauf angelegt, dir eine finanzielle Grundsicherung zu bieten, wenn du aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erwerbsfähig bist.
Grundsätzlich gilt dabei aber Reha vor Rente. Wenn deine Ärzt:innen jedoch während oder nach der Reha feststellen, dass du nicht mehr arbeitsfähig bist (also langfristig nicht mehr als sechs Stunden am Tag arbeiten kannst), kannst du bei der Rentenversicherung eine Erwerbsminderungsrente beantragen. Dabei muss die Arbeitsunfähigkeit nicht nur in deinem, sondern jeglichem Beruf ärztlich nachgewiesen werden.
Bist du noch fähig zwischen drei und sechs Stunden pro Tag zu arbeiten, erhältst du eine teilweise Erwerbsminderungsrente, um die finanzielle Lücke zu schließen. Ist die Arbeitsfähigkeit auf weniger als drei Stunden pro Tag reduziert, greift die volle Erwerbsminderungsrente.
Welche genauen Voraussetzungen es für den Rentenanspruch gibt, wie lange er dir zusteht, und wie viel du dabei bekommen kannst, haben wir dir in unserem Beitrag “Rentenanspruch bei MS” zusammengestellt. Die Informationen sind dabei auf alle Fatigue-Patient:innen auch ohne Multiple Sklerose Diagnose anwendbar. Mehr Infos findest du außerdem bei deiner Rentenversicherung.

Zusammenfassung

Selbst mit Unterstützung am Arbeitsplatz und jeglichen Alltagsmanagement-Strategien kann es zu einem Punkt kommen, an dem man angesichts seiner Fatigue seiner Arbeit einfach nicht mehr gewissenhaft nachkommen kann. Glücklicherweise gibt es einige Möglichkeiten, mit dieser Situation proaktiv umzugehen. Im ersten Schritt solltest du einige Tage Pause einlegen und dich regenerieren. Bei Krankschreibung wird dir dabei weiter Krankengeld gezahlt. Medizinische Rehabilitationsmaßnahmen können dir dabei helfen, mit der Symptomatik effektiver umzugehen. Für den Wiedereinstieg in den Beruf gibt es sowohl berufliche Rehabilitationsleistungen als auch gesetzlich geregelte, stufenweise Wiedereingliederungsmodelle, durch die du beim langsamen Wiedereinstieg in den Berufsalltag unterstützt wirst. Und selbst im Falle der langfristigen Arbeitsunfähigkeit gibt es finanzielle Unterstützung in Form der Erwerbsminderungsrente, sodass du dich voll auf deine Gesundheit konzentrieren kannst.

Quellen

Long Covid Multiple Sklerose ME/CFS Krebs