Heute wollen wir uns dem Thema Angst und Depression im Rahmen von Tumorerkrankungen widmen. In diesem Text erfährst du mehr über die häufigsten psychischen Begleiterkrankungen einer Tumordiagnose und deren Therapie.
Dies ist es sehr sensibles Thema, höre daher gut in dich hinein ob du dich damit gerade so intensiv auseinandersetzten möchtest oder ob du zu einem späteren Zeitpunkt nochmal auf diesen Blogpost zurückkommen möchtest.
Starten wir mit einigen Hintergrundinformationen.
Eine Tumordiagnose und die damit einhergehende Behandlungen können eine tiefgreifende Lebensveränderung anstoßen, welche in Ängsten und Depression münden können. Bis zu 60% der Tumorpatient:innen leiden unter hoher psychischer Belastung. Das Risiko an einer Depression zu erkranken ist im Rahmen dieser Erkrankung um das 4-fache erhöht. Begünstigende Faktoren für das Auftreten psychischer Erkrankungen sind Schmerzen, körperliche Beschwerden, Fatigue und psychische Krankheiten in der Vorgeschichte. Einige dieser Punkte treten deutlich gehäuft bei Tumorpatient:innen auf. Deshalb wollen wir hier über das Thema aufklären und Möglichkeiten für einen Umgang mit einer solchen Situation aufzeigen.
Welche psychischen Erkrankungen treten begleitend zu Tumorerkrankungen auf?
Angststörungen, Anpassungsstörungen und depressive Störungen sind die drei häufigsten psychischen Erkrankungen über die Tumorpatient:innen berichten. Schauen wir uns die einzelnen Krankheitsbilder genauer an.
Angststörungen
Das Vorhandensein von Ängsten ist nicht gleichzusetzen mit der Diagnose der Angststörung. Angst ist eine natürliche Reaktion auf eine bedrohliche Situation, wie eine Tumordiagnose. Treten jedoch Ängste, welche das normale Maß übersteigen, über einen längeren Zeitraum von Wochen auf, sollte mit geschulten Fachkräften über die mögliche Diagnose einer Angststörung gesprochen werden.
Mögliche Ängste im Zuge von Tumorerkrankungen können die
- Angst an der Erkrankung zu versterben,
- Angst vor dem “Ausgeliefertsein”,
- Angst vor Therapiefolgen,
- Angst vor “Verlassenwerden” und sozialer Isolation,
- Angst vor Schmerzen und Leiden
sein.
Diese Ängste vermindern die Lebensqualität und schränken den Alltag deutlich ein. Sie können sich beispielsweise als Panikstörung mit plötzlichen Angstanfällen über einige Minuten oder auch als generalisierte Angststörung mit dem Gefühl innerer Ansapnnung und Unruhe bezüglich eines nicht klar definierten Objekts über längere Zeit manifestieren.
Ängste können neben der psychischen Belastung ebenfalls körperliche Symptome auslösen, wie z.B. Herzrasen, Schweißausbrüche, Atemnot, Schwindelgefühle, Magen- und Darmprobleme, Schlafstörungen, Nervösität, Zittern, Anspannung, Gereiztheit, Konzentrationsstörungen und Erschöpfung.
Anpassungsstörung
Eine Anpassungsstörung tritt in Folge von schweren Belastungen auf. Die Verarbeitung dieser belastenden Situation stellt hierbei das Problem dar und kann zu Überforderung führen. Daraufhin können sich Symptome wie traurige Verstimmungen mit Ängsten und Sorgen und sozialer Rückzug entwickeln. Im Gegensatz zu einer Angststörung oder Depression beginnt diese Erkrankung bis zu einem Monat nach dem auslösenden Ereignis und hält maximal 6 Monate an.
Depression
Um zu überprüfen ob eine Depression vorliegen könnte, stellen Ärzt:innen oft diese zwei Fragen:
- Fühltest du dich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos?
- Hattest du im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die du sonst gerne tust?
Wenn du beide Fragen mit “Ja” beantwortet hast kann das ein Hinweis auf eine Depression sein. Wichtig ist, dass du dich mit diesem Ergebnis an dein:e Ärzt:in wendest um das genauer zu beleuchten.
Depressivität wird beschreiben als eine niedergeschlagene Grundstimmung. Doch auch hier gilt nicht jede Niedergeschlagenheit ist gleich eine Depression. Immerhin hat jeder Mensch Momente und auch Tage schlechter, trauriger oder gedrückter Stimmung.
Der Unterschied hierbei liegt in dem Ausmaß und der zeitlichen Dimension dieser Stimmung.
Kennzeichnend für eine Depression sind folgende drei Hauptsymptome:
- gedrückte depressive Stimmung
- Interessenverlust und Freudlosigkeit
- Antriebsmangel und Ermüdbarkeit
Begleitend treten häufig Gewichtsveränderungen, Schlafstörungen und eine verminderte Denk- oder Konzentrationsfähigkeit auf. Patient:innen beschreiben darüber hinaus ein Gefühl von Wertlosigkeit und unangemessene Schuldgefühle, bis hin zu wiederkehrenden Todes- oder Selbstmordgedanken.
Wie bei der Fatigue spielen auch bei der Depression Müdigkeit und Energieverlust eine große Rolle. Doch wie lässt sich eine Depression von der Fatigue unterscheiden? Beide Krankheitsbilder können parallel auftreten und sich gegenseitig beeinflussen, sogar verstärken.
Die Symptome Müdigkeit, Energieverlust und depressive Verstimmungen zeigen sich in den jeweiligen Erkrankungen. Bei der Depression liegt der Schwerpunkt jedoch auf dem depressiven Stimmungsbild, bei der Fatigue hingegen auf der Erschöpfung und dem Energieverlust. Außerdem unterscheiden sie sich in ihrem jeweiligen Tagesverlauf. Depressive Patient:inen starten oft mit einem Morgentief in den Tag und es zeigt sich dann eine Besserung der Beschwerden im Verlauf des Tages. Im Gegensatz dazu stellt sich bei der Fatigue ein Abfall der Leistungsfähigkeit im Tagesverlauf ein.

Falls du einige der oben genannten Symptome bei dir wiederfindest wende dich an dein:e Ärzt:in.
Therapie
Neben den allgemein bekannten Behandlungsansätzen der Psychotherapie und der Psychopharmaka bestehen noch zahlreiche weitere Therapiemöglichkeiten.
Dennoch liegt häufig der Schwerpunkt auf einer psychotherapeutischen und medikamentösen Therapie.
Speziell in der Depression gibt es in diesem Bezug eine konkrete Behandlungsempfehlung. Die Depression wird dabei in drei Stufen unterteilt: eine leichte, mittelgradige und schwere Form. Diese Graduierung wird anhand der Anzahl auftretender Haupt- und Begleitsymptome vorgenommen. Bei einer leichten Depression kann unter aufmerksamer Kontrolle auf eine Therapie vorerst verzichtet werden. Bei einer mittelgradigen Form kann eine medikamentöse oder eine psychotherapeutische Therapie in Erwägung gezogen werden. Die Empfehlung bei einer schweren Depression ist die Kombination dieser zwei Therapieformen.
Doch was genau bedeutet Psychotherapie? Im Rahmen von Einzel-, Gruppen- oder Paargesprächen werden psychische Belastungen mit Hilfe eine:r Therapeut:in thematisiert. Diese Therapieform kann nachweislich die Belastung, Angst, Depressivität, sogar körperliche Beschwerden verringern und die Lebensqualität verbessern. Es gibt Therpeut:innen, so genannte Psychoonkolog:innen, welche spezialisiert sind auf die psychotherapeutische Behandlung von Tumorpatient:innen. Unter diesem Link findest du eine Auflistung tätiger Psychoonkolog:innen: www.krebsinformationsdienst.de/wegweiser/adressen/psychoonkologen.php .
Da der Zugang zu Therapeut:innen, durch die geringe Anzahl an Therapeut:innen, erschwert sein kann lohnt es sich eine psychosoziale Beratungsstelle aufzusuchen. Diese ermöglichen in der Regel kurzfristige telefonische oder auch persönliche Termine. Hier stoßen Patient:innen auf geschulte Fachkräfte die Informationen über die Erkrankung vermitteln, Hilfestellungen bei sozialen oder sozialrechtlichen Fragen und der Bewältigung seelischer Probleme geben. Außerdem haben sie Kenntnis über weiterführende Angebote und Anlaufstellen. Psychosoziale Beratungsstellen findest du unter: www.krebsinformationsdienst.de/wegweiser/adressen/krebsberatungsstellen.php .
Eine weitere Therapiemöglichkeit ist die Patient:innen-edukation. Sie findet sich häufig in der stationären Rehabilitation, ambulanter Nachsorge oder auch im psychotherapeutischen Kontext wieder. Hier lernen Patient:innen ihre Erkrankung besser zu verstehen und mit ihr umzugehen. Sie lernen mehr über Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, wie sie mit der Erkrankung oder Stress umgehen können, welche Hilfsangebote es gibt und wo sie psychosoziale Unterstützung finden.
Ebenfalls als wirksam zeigten sich Formen der Ergotherapie, Kunsttherapie und der Physio- und Bewegungstherapie. Letztere bezieht sowohl Kraft- und Ausdauersport mit ein, als auch Yoga und Massagen.
Nicht zu unterschätzen in ihrer Wirkung sind ebenfalls Entspannungs- und imaginative Verfahren. Dazu zählen unter anderem progressive Muskelrelaxation, autogenes Training, Yoga und Meditation. Mehr zum Thema Meditation findest du hier in diesem Blogpost. Diese verschiedenen Maßnahmen können Anspannungen lösen, psychische Belastungen, Ängste, sogar Übelkeit vermindern und ebenfalls die Lebensqualität verbessern.
Fazit
Es besteht eine enge Verbundenheit zwischen dem psychischen und dem körperlichen Befinden. Daher sind psychische Belastungen wie Depressionen, Angst- oder Anpassungsstörungen bei einer schweren Krankheit wie einer Tumorerkrankung ganz normal.
Wenn du dich in den obigen Beschreibungen der verschiedenen psychischen Erkrankungen wiederfindest solltest du nicht zögern dies bei deine:r behandelnden Ärzt:in anzusprechen. Denn es gibt, wie du hier gelernt hast, viele Möglichkeiten gegen diese Erkrankungen vorzugehen.
Anlaufstellen
Neben den oben aufgelisteten Links für Psychoonkolg:innen und Beratungsstellen in deiner Nähe kannst du dich in Krisensituationen ebenfalls an Kliniken (diese findest du unter diesem Link), den:die Notärzt:in unter der Telefonnummer 112 oder auch an das deutsche Krisentelefon unter 0800 11 10 111 oder 0800 11 10 222 wenden.